Donnerstag, 28. Juli 2022

Die erste böhmische Meisterschaft

 

Die böhmische Meisterschaft

„Als Behmen noch bei Estrreich wor....!“ sang der unvergessene Heinz Conrads einst sehr gerne. Und es waren die Böhmen, die in Österreich-Ungarn die erste Meisterschaft austrugen. Und zwar 1896. Dieser Ausrichtung ging einiger Streit voran, zunächst schrieb am 10. April 1896 der „Cesky Sculling Cercle, Prag“ eine internationale böhmische Meisterschaft für den Herbst aus, an der alle Mannschaften, die Lust hatten, teilnehmen konnten. In Böhmen waren dies der Fussballclub „Regatta“, der „Deutsche Fussballclub Prag“, Sparta Praha, Slavia Praha, der FC Praha und eben der „Cesky Sculling Cercle“. Interessanterweise nahmen gerade sie und die „Regatta“ letztendlich nicht an der Meisterschaft teil.

Aber gehen wir chronologisch vor:  Am 21. April 1896 bildete sich ein „Comitee zur Abhaltung von Fussballwettspielen“ unter der Patronanz von Fürsten Egon Fürstenberg (der hat wirklich so geheissen) und schrieb eine gesamtösterreichische Meisterschaft aus, also auch mit Mannschaften aus Deutschösterreich. Daneben eine böhmische Meisterschaft und eine Prager Meisterschaft. Dies wiederum stiess dem „Cesky Sculling Cercle“ sauer auf und sie reklamierten das „Prioritätsrecht“ auf Ausschreibung einer böhmischen Meisterschaft am 28. April 1896. Dann tat sich ausser der Kundmachung vom 5. Juni 1896, dass die Meisterschaft von Böhmen durch den Cesky Sculling Cercle bereits intern am 28. März 1896 ausgeschrieben wurde, längere Zeit über nichts. Im Sommer wurde damals kaum Fussball gespielt, Rudern, Tennis, Radfahren sowie der Pferdesport standen im Vordergrund.

Am 16. November 1896 gab es dann endlich im „Neuen Wiener Tagblatt“ die Ankündigung einer böhmischen Meisterschaft, welche von vier Mannschaften (Regatta und Cesky Sculling Cercle nahmen nicht teil) in einem System Jeder gegen Jeden abgehalten werden solle. Die Termine für die Spielpaarungen waren folgende: 15. November, 22. November, 29. November. Gespielt wurde auf der Kaiserwiese in Smichov. Die Spielpaarungen lauteten folgendermassen:

15. November:

DFC Prag – Slavia Praha 4-2

Sparta Praha – FC Praha 6-0

22. November:

DFC Prag – FC Praha 11-0

Sparta Praha – Slavia Praha, nicht stattgefunden, da zwei Spieler der Slavia als Schüler nicht konnten.

29. November:

DFC Prag – Sparta Praha 3-1

Slavia Praha – FC Praha, nicht stattgefunden, da zwei Spieler der Slavia als Schüler nicht konnten.

 

Erster böhmischer Meister wurde der „Deutsche Fussballklub Prag“, der alle Spiele gewinnen konnte.

 

Interessanterweise fand am 23. November 1896 ein Spiel zwischen „Regatta“ und „Cesky Sculling Cercle“ statt, welches die „Regatta“ mit 6-1 gewann. Die damalige Sportpresse wunderte sich, dass der spielstärkste Verein, die „Regatta“ an der Meisterschaft nicht teilnahm, ich konnte jedoch den Grund dafür nicht recht herausfinden.



Quelle: ANNO, Neues Wiener Tagblatt, Ausgaben 1896

Aus der Urzeit des Fussballs

 

Fussballvereine vor 1900 (wird weiter ergänzt):

 


1894:

First Vienna FC (22.8.1894)

Vienna Cricket and Football Club (23.8.1894)

 

1896:

Badner Gymnasium

Schwechater Fussballklub

Rasenspiel Club Austria (17.5.1896)

Wiener Club für sportliche Spiele „Olympia“ 1896

Wiener Fussballclub Vindobona 1896

Deutschösterreichischer Turnverein 1896

Rasenspiel Club „Training“ 1896

Akademisch-Technischer Radfahrklub Graz

Deutscher Fussballclub Prag

Prager Fussballclub „Regatta“

 

Der Wiener Fussballclub „Vindobona“ dürfte am 7. Juni 1896 das erste Spiel gegen den Deutschösterreichischen Turnverein ausgetragen haben, das Ergebnis war 0-4. Drei Tage später spielten sie gegen die Vienna 0-0.

Der Wiener Club für sportliche Spiele „Olympia“ spielte sein erstes Wettspiel gegen den Rasenspiel Club Training am 11. Oktober 1896 auf der Jesuitenwiese genannten Spielstätte nähe der damaligen Sophienbrücke, heute Schlachthausbrücke. Das Ergebnis war 2-0 für Olympia.

Der Rasenspiel Club „Austria“ absolvierte offenbar sein erstes Spiel gegen die zweite Mannschaft der Vienna am 11. Oktober 1896 auf der Hohen Warte (alt) und verlor mit 0-4.





Quelle: ANNO, Neues Wiener Tagblatt, Ausgaben 1896

Alte Rivalitäten müssen gepflegt werden

 

1896 gab es noch nicht so viele Fussballvereine. Da waren natürlich der „Vienna Football and Cricket Club“, der „First Vienna Football Club“, der „Rasenspiel Club Austria“, das „Badner Gymnasium“, der „Schwechater Fussballklub“, der „Akademische Radfahrklub Graz“. Daneben noch der „Regatta Club Prag“, die Budapester Klubs „Magyar Atletikai Club (MAC)“ und der „Budapesti Torna Club (BTC)“.

Trotzdem – oder gerade deswegen – gab es eine große Rivalität zwischen den „Cricketern“ und der „Vienna“.  Es ging um das Wort „First“ im Klubnamen, den die Vienna gewann, weil der damalige Beamte schneller mit der Bearbeitung war. Egal. Das ist ausdiskutiert und Geschichte (auch wenn es einen Verein im Osten Purkersdorfs gibt, der beharrlich versucht, immer älter zu werden).

Die „Cricketer“ rächten sich dafür, dass sie die Vienna jahrelang beharrlich als „Heiligenstädter Fussballclub“ bezeichneten und dies auch in den Zeitungen so publizieren liessen, wie die Artikel aus dem Herbst 1896 belegen. Eigentlich lustig.

Wobei – wie heisst die Vienna eigentlich künftig, nachdem sie mit Red Bull zusammengegangen ist ? Man darf gespannt sein. Mir tuts ja nur um die vielen alten Gesichter auf der HoWa leid, denen wie weiland dem alten Kaiser „auch nix erspart bleibt“.