Weil es zum Thema
Frauenfussball und die Entwicklung des Sportes passt habe ich mich ein wenig
damit beschäftigt, warum in den Jahren des 1. Weltkrieges und danach der
Frauensport sich so entwickelt hat – mit allen Rückschritten in den Jahrzehnten
danach:
341 englische
Profifussballer konnte ich ausfindig machen, die im Ersten Weltkrieg gefallen
sind. Der erste gefallene Profi war Larett Roebuck von Huddersfield Town, der
am 4. August 1914 mobilisiert und nach Frankreich geschickt wurde. Dort fiel er
am 18. Oktober 1914 während der Kämpfe um Beauchamps-Ligny, wo sein Bataillon
einen Angriff auf feindliche Stellungen unternahm. Seine Kompanie verlor bei
diesem Angriff 40 Männer. https://www.westernfrontassociation.com/world-war-i-articles/the-first-footballer-killed-in-1914-larrett-roebuck-of-huddersfield-town/
https://footballandthefirstworldwar.org/footballers-killed-first-world-war/
https://footballandthefirstworldwar.org/chelsea-players-first-world-war/
https://footballandthefirstworldwar.org/footballers-served-in-the-first-world-war-database/
Nicht mit
eingerechnet sind die vielen Amateurfussballer, die in den vielen Schlachten
des Ersten Weltkrieges ihr Leben gelassen haben. Das dürften tausende sein, war
es doch bis 1916 durchaus üblich, britische Regimenter mit Soldaten aus
denselben Dörfern, denselben Fabriken und auch Vereinen zu bilden. Diese „Pals“
(was soviel wie Kumpels heisst) wurden vor allem bei der Vernichtungsschlacht
an der Somme eingesetzt, die am ersten Tag der Offensive (dem 1. Juli 1916)
Verluste von fast 60.000 Soldaten (davon rund 20.000 Gefallene) kostete. Eine
der am öftesten erzählten Geschichten zu diesem Angriff ist jene, wonach ein
Tommy nach dem Überklettern des „Horizonts“ (so wurde der Grabenrand genannt)
einen Fussball ins Niemandsland kickte, weil er glaubte, dass das 7tägige
Trommelfeuer die Stellungen der Deutschen vernichtet hätte. Ein tödlicher
Fehler, denn die Abwehr der Deutschen war vollkommen intakt und so marschierten
die Briten vollbepackt in das Feuer der Maschinengewehre. Sie fielen wie die
Fliegen. Es war der größte Tagesverlust der British Army in ihrer Geschichte.
Schlußendlich kostete der Krieg 900.000 Briten das Leben (im Vergleich dazu
fielen im 2. Weltkrieg „nur“ rund 330.000 Briten). Die anderen Kriegsteilnehmer
waren danach an Körper und Geist zerrüttet. Eine verlorene Generation.
Für Österreich habe
ich interessanterweise keine entsprechende Liste gefunden, hier müsste man im
HGM die Verlustlisten der KuK Armee nach bekannten Namen durchforsten. Die
Vereine selber haben offenbar kaum Aufzeichnungen bzw. sind diese schon lange
verschollen. Auch bei der Übersiedlung des WFV Archives vom Stadion nach
Hirschstetten soll einige „verloren“ gegangen sein. Ein prominentes Opfer des
Schlachtens war der Torjäger des WAF, Johann „Hans“ Schwarz. Er spielte bei der
Vienna, dem WAF mit dem er 1914 Meister und Torschützenkönig wurde und dem
Hamburger FC. Er musste zu Kriegsbeginn 1914 einrücken und wurde zwei Monate nach
Kriegsausbruch am russischen Kriegsschauplatz in der Schlacht von
Komarow/Galizien (heute Ukraine) von einer Kugel tödlich getroffen. https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Schwarz_(Fu%C3%9Fballspieler,_1891)
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Komar%C3%B3w
Wenn sich jemand
privat das „Vergnügen“ antun will und Kaderlisten seines Vereines von 1914 hat
dann kann er hier nachsuchen. 4,6 mio Gefallene beider Weltkriege sind hier
großteils digitalisiert: https://www.familia-austria.at/index.php/manibus-unitis/verlustlisten-1-weltkrieg/1320-erfassung-der-oesterreichisch-ungarischen-verlustlisten-i-weltkrieg
Ausserhalb des Wiener
Fussballs bietet das GAK Archiv einiges zum Nachlesen: http://gakarchiv.at/content/gak_1914-1918.pdf
Nach anderen Quellen sind insgesamt 16 Spieler des GAK im Krieg gefallen, neun
weitere an den Folgen von Krankheiten, hauptsächlich an der Spanischen Grippe. Sie
alle werden in der Chronik vermerkt. https://geschichtegak.jimdofree.com/dramatisches/1-weltkrieg/
Interessanterweise
gab es in Österreich während des Ersten Weltkrieges eine „Kriegsmeisterschaft“,
welche durchgehend ausgetragen wurde. Nichtsdestotrotz mussten viele Profis
einrücken. Der Verbandskapitän Hugo Meisl zum Beispiel diente als Hauptmann,
später Major an der Isonzofront.
Eine interessante
Fußnote aus österreichisch-deutscher Sicht ist die Tatsache, dass der heute
erfolgreichste polnische Verein, Legia Warschau im März 1916 aus Mitgliedern
der Polnischen Legion (daher auch der erste Name Drużyna
Sportowa Legia ) entstanden ist. Das erste
Stadtduell mit Polonia Warschau fand 1917 statt.
Für Deutschland ist
es noch schwieriger, da es dort ja keinen professionellen Fussball gab. So ist
vom FC Askania 1900 Aschersleben überliefert, dass 100 Spieler am Ersten
Weltkrieg teilnahmen, 21 von ihnen fielen. Während des Weltkrieges gab es keine
deutsche Meisterschaft. Erst 1920 fand sie wieder statt.
Auf der Seite des FC
Askania findet man ihre Namen: https://www.qr-erinnerung.de/de/kriegsgr%C3%A4ber/aschersleben/sportlerdenkmal-fc-ascania-i-weltkrieg.html
Bekannt ist auch,
dass mehrere Spieler der SpVgg Fürth, von Hertha BSC und dem 1. FC Nürnberg im
Ersten Weltkrieg gefallen sind – insgesamt sollen es 50 bekannte Sportler
gewesen sein, eine komplette Aufstellung wie sie die Briten haben fand ich aber
nicht. Bei Hertha BSC weiß man von 36 gefallenen Spielern in den Schlachten des
1. Weltkrieges. https://www.tagesspiegel.de/sport/wo-die-vergessenen-herthaner-begraben-sind-5800522.html
Der vermutlich letzte deutsche Spieler – er kam von Hertha – der im Ersten
Weltkrieg gefallen ist war Bruno Gnieser, der am 9. November 1918, kurz vor dem
Waffenstillstand starb. Er könnte aus dem Roman „Im Westen nichts Neues“ von
Erich Maria Remarque entsprungen sein.
https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/gedenktafeln/detail/erste-deutsche-fussballmeisterschaft/3090
Für Italien gilt
ähnliches wie für Österreich und Deutschland, ich konnte keine wie immer
geartete Auflistung finden. Der bekannteste Spieler war sicher Virgilio
Fossati, Kapitän von Inter Mailand. Er war Kapitän in der Gründungssaison von
Inter 1908/1909 und rückte zu Beginn der italienischen Kriegserklärung im Rang
eines Hauptmannes in die italienische Armee ein. Bei den Kämpfen um Monfalcone
fiel er am 29. Juni 1916. Sein Leichnam wurde nie geborgen. https://it.wikipedia.org/wiki/Virgilio_Fossati
Betreffend Ungarn
muss ich noch ein wenig recherchieren, es gilt als gesichert, dass eine große
Anzahl an Profispielern im Krieg gefallen sind, genaue Zahlen habe ich jedoch
nicht, obwohl die ungarischen Archive weit genauer sind als jene der
Österreicher oder Deutschen.
Bewußt habe ich hier
die ausführliche Geschichte über den Weihnachtsfrieden 1914 zwischen Deutschen
und Briten ausgelassen, der schon genügend besprochen und filmisch dargestellt
wurde. Drei Tage lang ruhten damals die Waffen und es soll auch ein Fussballspiel
zwischen Briten und Deutschen gegeben haben, welches die Deutschen mit 3-2
gewannen. Inwieweit diese Erzählungen tatsächlich stimmen kann ich nicht sagen.
Sie sind allerdings die offizielle Geschichtsschreibung.
Ebenfalls eine
Tatsache waren die vielen Fussballspiele zwischen verschiedenen Truppenteilen
während des Krieges. Quasi jede Nation erlaubte es, dass Soldaten in
Ruhestellung sich mit dem Fussballspielen beschäftigten.
Ebenfalls eine Tatsache sind die
Geschichten über Fussballspiele, die in russischen Gefangenenlagern ausgetragen
wurden. Diese für Rußland damals noch neue Sportart, 1914 gab es gerade mal
eine Handvoll Vereine, wurde durch diesen Umstand populär. Russland dessen
ältester der 1909 von Arbeitern in der Nähe von Moskau gegründete (und noch
heute existierende) FC Znamya Truda Orekhovo-Zuyevo ist, war der Anfang. Heute spielt er
unter dem Namen FC Znamya Truda in der geteilten 2. Russischen Liga. Der
bekannteste noch aus dieser Zeit stammende Verein ist ZSKA Moskau, welcher am
27. August 1911 gegründet wurde. Leider gibt es keine Aufzeichnungen über
gefallene russische Fussballspieler (mehr), die Wirren der Russischen
Revolution haben den Archiven nicht besonders gut getan. Dazu kommt, dass die
gesamtrussische bzw. sowjetische Meisterschaft erst 1936 eingeführt wurde.
Betreffend tschechischer Spieler, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind
gibt es – da Böhmen und Mähren österreichische und die heutige Slowakei
ungarische Reichshälfte waren – keine abrufbaren Informationen. Zu bedenken ist
auch, dass tschechische Namen in der gesamten KuK Monarchie bei
Fussballvereinen auftauchten. Es könnte also schwierig werden, aus den
Verlustlisten die (heutige) Nationalität zu entnehmen.
Was das südslawische Gebiet, welches teilweise unter österreichischer,
teilweise unter ungarischer Krone versammelt war (Bosnien war annektiert) wird
es auch schwierig, da muss ich auch noch weiter Recherche betreiben.
Was den türkischen Fussball betrifft gibt es auch wenig Informationen.
Bereits vor der Jahrhundertwende 1899/1900 gab es mehrere Vereine, die eine
inoffizielle Meisterschaft austrugen. Der älteste Verein ist der 1877
gegründete (FC Clios) FC Hermes. Heute kennt man ihn (nach seinem Umzug und der
Umbenennung) als AEK Athen. Ähnliches passierte mit dem in Izmir 1890
gegründeten Orpheus MSC, der heute als Panonios Athen firmiert. Beide wurden
von in Konstantinopel (heute Istanbul) lebenden Engländern gegründet. Der
nächstälteste, rein türkische Verein war der FC Smyrna, welcher 1895 ins Leben
gerufen wurde. Bis 1914 werden 34 türkische Vereine in der Chronik aufgelistet.
Es ist daher auszugehen, dass auch einige türkische Fussballer im Ersten
Weltkrieg den Tod gefunden haben. Vor allem die Schlachten bei Gallipolli sowie
im Kaukasus waren für die osmanische Armee verheerend.
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Turkish_sports_clubs_by_foundation_dates#:~:text=F.C.%20Smyrna%20was%20the%20first,%C4%B0zmir%20team%20won%20every%20match.